„Greif ruhig zu, denn du isst ja jetzt für Zwei!“ – diesen Spruch hört so manche Schwangere.
Er soll verdeutlichen, dass sie nun nicht mehr nur ihrem Körper, sondern auch dem des heranwachsenden Kindes alle wichtigen Nährstoffe zuführen soll, die für ein gesundes Leben wichtig sind. Während einige Frauen diese Weisheit begrüßen und vielleicht sogar zu sehr überstrapazieren, scheint es immer mehr Fälle zu geben, in denen die werdenden Mütter sich derlei Genüsse gänzlich versagen und peinlich genau darauf achten, kein Gramm zuzunehmen. Magersucht in der Schwangerschaft (Pregorexie) ist ein erschreckender Trend, der sowohl für die Mutter als auch für das Kind enorme Gefahren bereithält.
Gewichtszunahme in der Schwangerschaft ist ganz normal
Das Geburtsgewicht eines gesund entwickelten Kindes schwankt zwischen drei und vier Kilogramm – wobei es natürlich auch immer wieder in vereinzelten Fällen zu deutlichen Ausreißern nach oben oder unten kommen kann. Alleine diese Tatsache sollte figurbewussten Schwangeren vor Augen führen, dass eine Gewichtszunahme während dieser Zeit quasi unumgänglich und ganz natürlich ist.
Die meisten Schwangeren nehmen jedoch mehr als nur diese drei bis vier Kilo zu.
Eine normal gebaute Frau, die ein Kind austrägt, kann davon ausgehen, in dieser Zeit durchschnittlich zwölf Kilogramm zuzunehmen. Das mag auf den ersten Blick ein wenig erschreckend klingen, hat jedoch ebenfalls ganz natürliche Ursachen.
Die Gewichtszunahme während der Schwangerschaft kann – das Gewicht des Kindes außer Acht gelassen – folgendermaßen erklärt werden:
- die Plazenta verfügt über ein Eigengewicht von ca. 500 g
- in der Gebärmutter befinden sich um die 1 kg Fruchtwasser
- zusätzliche Wassereinlagerungen im Gewebe können bis zu 3 kg ausmachen
- die Gebärmutter wächst und erreicht ein Eigengewicht von fast einem Kilogramm
- die Brüste können bis zu 500 g schwerer werden
- während der Schwangerschaft werden durchschnittlich 2 kg Fettreserven angelegt
- das Blutvolumen steigt um ca. 1 bis 2 kg
Die größten „Sprünge“ macht das Gewicht in den letzten Schwangerschaftswochen, doch auch im ersten Trimester kann es schon zu einem deutlichen Anstieg auf der Waage kommen. Dieser Vorgang ist absolut natürlich und sorgt dafür, dass das noch ungeborene Kind im Bauch der Mutter hervorragend ernährt und versorgt wird.
Werdende Mütter sollten sich daher, solange sich die Gewichtszunahme im Rahmen hält und keine ungesunden Ausmaße annimmt, nicht über die zusätzlichen Pfunde ärgern oder diesen sogar mit einer aggressiven Diät den Kampf ansagen!
Magersucht in der Schwangerschaft
Obwohl eine geregelte Gewichtszunahme in der Schwangerschaft ganz natürlich ist, kann es passieren, dass sich die werdenden Mütter so sehr gegen diesen Gedanken sträuben, dass sie eine Magersucht entwickeln. Da dies neuerdings zu einer Art beunruhigendem „Trend“ auszuarten scheint, wurde diese spezielle Form der Magersucht in der Schwangerschaft mit einem eigenen Namen – Pregorexia (auch: Pregorexie) – bedacht. Der Begriff setzt sich aus den englischen Wörtern für Schwangerschaft (pregnancy) und Anorexie (anorexia) zusammen.
In anderen bekannt gewordenen Fällen litten die Frauen bereits vor der Empfängnis an dieser Essstörung und konnten sie trotz der veränderten Lebensumstände nicht wirksam bekämpfen. Dies geschieht jedoch in der Regel weitaus seltener, da magersüchtige Frauen, deren Körper über Jahre hinweg unter der psychischen Störung zu leiden hat, nicht ohne Weiteres schwanger werden können.
Welche Ursache die Magersucht in der Schwangerschaft auch haben mag, die werdenden Mütter sollten sich auf jeden Fall vor Augen führen, dass dieser Zustand jedenfalls mit hohen Risiken für sie selbst und für ihr Kind einhergeht.
Welchen Gefahren ist das ungeborene Kind ausgesetzt?
Das Kind entwickelt sich in der Gebärmutter von einer winzigen, befruchteten Eizelle bis hin zu einem vollständigen, wenn auch sehr kleinen, Menschen.
Damit dieses Wunder geschehen kann, muss das kleine Wesen perfekt versorgt werden.
Die werdende Mutter kann dazu beitragen, indem sie sich ausgewogen ernährt, so dass ihr Körper ihrem Baby alle wichtigen Nährstoffe zuführen kann.
Wie wirkt es sich aus, wenn eine Frau sich während ihrer Schwangerschaft jedoch streng jeden Genuss und sogar eine ganz normale, ausgewogene Ernährung versagt, um eine Gewichtszunahme komplett zu vermeiden? Wird das Kind in ihrem Körper unter der Magersucht leiden?
Einige Experten sind der Meinung, dass dies durchaus möglich sei – die Kinder würden bei der Geburt ein stark reduziertes Gewicht aufweisen und seien im Verlaufe der ersten Lebensjahre deutlich anfälliger für Erkrankungen. Nicht selten ist die Rede davon, dass auch die Sterblichkeitsrate im ersten Lebensjahr von diesen Umständen beeinflusst wird. Darüber hinaus bestünde zusätzlich die Gefahr, dass Kinder, die während der Schwangerschaft aufgrund der Magersucht der Mutter nicht ausreichend versorgt werden konnten, nach der Geburt mit Entwicklungsverzögerungen zu kämpfen haben.
Wichtig: Vereinzelte Stimmen warnen des Weiteren davor, dass extreme Magersucht in der Schwangerschaft das Risiko erhöht, eine Fehl- oder Frühgeburt zu erleiden!
Obwohl viele Studien beweisen wollen, dass vor allem die ungeborenen Kinder unter einer ausgeprägten Mangelernährung seitens der Mutter zu leiden haben, gibt es auch genügend Ärzte, die eine gegenteilige Meinung vertreten und zu dem Schluss kommen, dass die werdende Mutter diejenige ist, die ihrem Körper durch die Essstörung großen Schaden zufügt.
Mit welchen Problemen werden magersüchtige Mütter während der Schwangerschaft konfrontiert?
Die meisten Experten gehen davon aus, dass sich das heranwachsende Baby stets holt, was es für seine Entwicklung benötigt. Sollte die Mutter darauf verzichten, ihrem Körper genügend Nährstoffe zuzuführen, würde dies also zwangsläufig ihr mehr Schaden zufügen, als dem Kind.
Sobald eine Schwangerschaft eintritt, verändert sich der Körper einer Frau – der Organismus stellt sich darauf ein, alles dafür zu tun, das heranwachsende Leben perfekt zu versorgen und gesund auf die Welt zu bringen. Führt die Mutter ihrem Körper also nicht genügend Nährstoffe von Außen zu, bedient sich ihr Körper an den bereits vorhandenen Ressourcen und baut diese ab.
Die Versorgung des Kindes ist dadurch gerettet – die werdende Mutter hingegen verliert an Muskelmasse und baut kontinuierlich Kalzium ab. Da Kalzium jedoch unabdingbar für starke Knochen ist, besteht die Möglichkeit, dass die Betroffene früher oder später unter Osteoporose (Knochenschwund) leiden wird.
Dies ist für Schwangere ganz besonders tragisch, da ihnen nun die Gefahr droht, dass ihre Beckenknochen unter der Geburt brechen. Um dieser Situation vorzubeugen, werden die Kinder magersüchtiger Frauen oftmals per Kaiserschnitt auf die Welt geholt.
Die extreme Essstörung ist in jedem Fall eine starke Belastung für den Körper und führt oftmals zu Herz-Kreislauf-Problemen. Die betroffenen Frauen fühlen sich schneller erschöpft und an den Rand der Belastbarkeit getrieben – ein Umstand, der gerade im ersten Jahr mit dem neuen kleinen Erdenbürger große Probleme verursachen kann.
Die daraus resultierende Hilflosigkeit und Überbeanspruchung wiederum soll die Entstehung von Depressionen begünstigen.
Übrigens: Mütter, die ihr Kind gerne stillen würden, täten gut daran, ihre Essstörung zu bekämpfen, denn Magersüchtige haben erwiesenermaßen öfter Probleme mit dem Stillen als andere Mütter.
Zwar wird der Körper versuchen, alle vorhandenen Ressourcen zu nutzen, um genügend Muttermilch zu bilden, doch je nachdem, wie weit die Essstörung fortgeschritten ist, kann ihm dies manchmal einfach nicht mehr gelingen.